Lieber Andreas, auch wenn uns die Hitzewelle x im Griff hat, ist es wieder Zeit dir ein paar Zeilen zu schreiben. Die Zeit rinnt uns durch die Finger und all unsere Geburtstage rücken näher. Eine grauenvolle Phase des Jahres steht bevor. Doch wir müssen sie meistern und werden dies sicherlich auch wieder auf wundersame Weise schaffen. So langsam sind wir auch urlaubsreif. Das Projekt Dusche im OG war ja fertig und jetzt ist das Projekt Auffahrt fast geschafft. Ja, wir machen hier alles fit, auch wenn wir nicht wissen, warum wir das eigentlich tun. Das ist ja auch völlig egal. Wir versuchen halt, uns das Scheißleben irgendwie angenehmer zu machen. Derzeit haben wir auch noch den Garten von Nachbars in der Pflege. Es ist einfach nur der Hass. Ich möchte gar nicht wissen, wie viele Kannen wir täglich durch deren Chaosgarten wuchten. Es hat hier auch eine gefühlte Ewigkeit nicht mehr geregnet, so dass doch alles mehr als nur trocken ist. Wir werden hier wohl über kurz oder lang versteppen. Aber dann ist es eben so, ändern können wir es eh nicht und müssen auch dies so hinnehmen, wie wir es serviert bekommen. Gestern waren wir mal Güterglück und haben Papas Fernsehsessel hingebracht. Opa hat sich riesig gefreut. Mit den zwei alten Herrschaften ist nicht mehr wirklich viel los und wir können froh sein, dass sie noch allein zurecht kommen. Die Zwei haben ja auch schon viel mitgemacht. Erst den Verlust des eigenen Sohnes und dann noch du mit deiner Entscheidung und, wenn man das alles so betrachtet ist es schon enorm, was ein Mensch im Leben alles aushalten muss und kann. Weil wir schon mal vor Ort waren, haben wir gleich noch einen Abstecher nach Reuden gemacht. Kerstin hatte gestern Geburtstag und dann sind wir dort einfach mal zum Kaffee eingetroffen. Nico hat angefangen, Kerstins Elternhaus auszubauen .Ihm fehlt eigentlich nur noch eine passende Freundin. Sicherlich wir er schon noch den passenden Latschen finden. Wir haben uns immer noch nicht daran gewöhnt, dass du nie wieder am großen Tisch in Güterglück mit sitzen wirst. Das ist schon immer eine richtig blöde Situation, aber eben auch nicht zu ändern. Ob wir dies je problemlos ertragen werden ist mehr als nur fraglich. Unser Anlaufpunkt ist der Friedhof von Niederroßla. Das ist wirklich ein schwere Bürde. Die Trauer wird milder, aber die Liebe und die Sehnsucht bleiben, da geht nichts drüber. Ohne dich zu leben ist die Aufgabe, die wir bis an das Ende unserer Tage zu lösen haben und die fällt unter unlösbar. In der Hoffnung, dass deine Seele Frieden hat und es dir gut gehen senden wir dir diese Kerze.
Deine zurückgelassenen Eltern
