Lieber Andreas, es ist Totensonntag und wir wären so froh, wenn wir uns nur um ein Grab kümmern müssten. Aber es sind zwei und dies wird so bleiben. Das Leben zieht an uns vorbei. Die schrecklichste Zeit des Jahres ist in vollem Gange. In Erfurt hatte sogar schon ein erster kleiner Weihnachtsmarkt auf. Diese Gesellschaft schreckt wirklich vor nichts zurück, einfach nur abartig, was alles geht, damit man Geld verdient. Heute scheint sogar mal die Sonne und bringt etwas Helligkeit in unser trostloses Dasein. Sicherlich, wir haben uns daran gewöhnt, dass wir dich hier nicht mehr sehen werden, dass wir dir keine Freude mehr machen können, aber das macht es nicht leichter. Eltern ohne Kind leben fast ausschließlich in der Vergangenheit, was sicherlich auch nicht gut ist. Aber dort sind die Erinnerungen an dich, an deinen wunderbar trockenen Humor, deine Ruhe und Ausgeglichenheit, deine Wärme, deine Umsicht und all die Dinge die dich ausmachten, aber auch das brutale Ende. Steffi hat ihren Geburtstag auch gut überstanden und wir wünschen ihr, dass sie Nach vorne schaut und einen neuen Lebenspartner findet. Ich habe ihr ein paar neue Filzschuhe gemacht und versprochen, die Gardinen für das Wohnzimmer zu kürzen. An das Weihnachtsfest mag ich noch gar nicht denken, aber auch diese Auflage werden wir überleben. Es ist eben alles anders. Furchtbar auch, dass schon wieder ein junger Mann deinen Weg gegangen ist. Ja, es steht jeden frei, mit seinem Leben zu machen was er will, dennoch bleibt es für die Zurückgelassenen der Horror. Uns bleibt nur die Hoffnung, dass du im Licht bist und deinen Frieden gefunden hast. Voller unerfüllbarer Sehnsucht senden wir dir auch an diesem Sonntag ein Licht für deinen weiteren Weg. Wir vermissen dich alle unendlich. Deine zurückgelassenen Eltern.
