Lieder Andreas, wieder eine Woche geschafft. Eine weitere Woche in der Gewissheit, dass du nicht mehr in unserer Welt bist, eine weitere Woche in nun wieder schwerer werdenden Tagen. Die zweite Jahreshälfte ist für uns immer deutlich schwerer, als die erste. Dabei wird es wohl auch immer bleiben. Heute ist WM-Finale. Eines steht fest, wir werden nicht Weltmeister, aber wir drücken den Kroaten die Daumen das Unmögliche zu schaffen. Heute kommt Marie, sie will mit Papa eine Schaltung in eine selbst entworfene Lampe einbauen. Ist schon schön, wenn man irgendwie noch helfen kann und gebraucht wird. Das Gefühl der Sinnlosigkeit des Lebens kann einem wirklich die Nerven rauben. Wir wollen uns auch mal die Werkschau der Hochschule h2 in Magdeburg ansehen, da stellen die Studenten aus, was sie so im vergangenen Semester entwickelt haben. Auf der Rücktour werden wir Freddy besuchen, der wird nun auch schon 20 Jahre. Die Zeit vergeht eben, egal wie es einem dabei geht. Ich bin zur Zeit von vollkommener Gleichgültigkeit geprägt. Papa geht es nicht wirklich anders. Wo das alles noch hinführen soll, weiß ich auch nicht. Es ist aber auch ein Zeichen, dass wir immer noch nicht mit deinem Weggang umgehen können. Das Gefühl, auf ganzer Linie versagt zu haben, lässt einen schon an den Rand des Wahnsinns treten und belastet alles Neue, das man anpackt. Und rundherum nur Familien bei denen es bisher besser gelaufen ist. Du hast dir das wirklich nicht gut überlegt, wirst aber auch deine Gründe gehabt haben. Sylke würde mit mir gern eine Traumatherapeutin aufsuchen, aber ich kann mich nicht wirklich dazu durchringen. Ein Trauma haben wir alle erlitten, jeder einzelne der dich kannte und zu schätzen wusste, aber will ich raus aus diesem Trauma? Ich weiß es nicht. Gestern wollte ich eigentlich Simme fahren, Papa hat sie so toll hergerichtet. Nicht mal dazu habe ich mich aufraffen können. Du siehst, dass wir gelähmt vor uns hinleben. Sicherlich kommen auch wieder bessere Tage, die Frage ist nur wann. So senden wir dir für deinen Weg diese Kerze. Mit Trauer, Liebe und auch Dankbarkeit, dass wir dich haben durften. Deine traurigen Eltern.
