Lieber Andreas, heute ist ein trüber Sonntag. Passend zur Stimmung. Der Herbst hält Einzug und es geht auf deinen 4. Todestag zu. Ein Tag den keiner braucht und der trotzdem da ist. Opa Heinz möchte gern zu diesem Tag kommen. Er wird mit dem Zug anreisen und wir bringen ihn dann heim. Oma Anne ist seit ihrem Fahrradsturz noch immer sehr eingeschränkt, aber wir wollen dankbar ein, dass sie noch bei uns ist. Die Tage sind nun wieder kürze, die frühe Dunkelheit lässt und wieder in die Vergangenheit blicken. Wir tragen schwer an unser Last. Schwingen doch noch immer die Selbstzweifel mit, warum es so weit gekommen ist. Hättest du keinen anderen Ausweg finden können? Was hat dich nur diesen Weg gehen lassen? Sicherlich begleiten uns diese Gedanken und jeden Tag, dennoch lassen sie uns auch nie los. Und dann die Gedanken "... was wäre, wenn...?". Es ist ein Scheißleben ohne dich. Noch sind wir gesund und klar im Kopf. Wir machen uns so oft auch Gedanken darüber was ist, wenn dies mal nicht mehr der Fall sein wird. Keiner weiß, ob du in unsere Nähe geblieben wärst, aber wir hätten vielleicht die Chance, dass sich jemand um uns sorgt. In diesen kalten Zeiten interessiert es das Umfeld eine Scheißdreck, was mit den Nächsten los ist. Jeder hat nur mit sich zu tun, getrieben das Sklavendasein auch anständig zu füttern. Wenn ich nur das Lokalgeschehen betrachte, können wir froh sein, wenn wir es zu dir schaffen, ohne das wir hier noch einen Krieg miterleben dürfen. Vielleicht bleibt dir in dieser Hinsicht viel erspart, aber dennoch hätten wir dir ein glückliches, fröhliches und erfülltes Leben gewünscht. Wir kämpfen weiter, dass wir nicht untergehen.
Diese Woche habe ich Steffi die Gardinen genäht, sie hat sich sehr gefreut. Wenigstens ab und zu ist man noch zu was Sinnvollem nutze. Dort sind auch noch wie vor deine Spuren sichtbar und beim Kaffee trinken hat Steffi wieder einige Possen erzählt, so dass ich mir wieder sicher war, dass du mit ihr die glücklichsten Jahre hattest. Ihr wart sicherlich ein ungewöhnliches Paar aber ihr habt euch wunderbare ergänzt. Manchmal denke ich, dass eine Seele älter war, als du selbst. In der Hoffnung, dass du deinen Frieden hast senden wir dir für deine weiteren Weg diese Kerze. Deine traurigen Eltern.