Lieber Andreas, nun ist es wieder so weit, der Sonntag ist fast rum und eine weitere Woche ohne dich ist rum. Es ist unfassbar, dass trotz unserer Geschichte weiter leben kann. Nie hätten wir das gedacht und doch geht es immer weiter. Das Wochenende haben wir mit Dorfputz und eigenem Frühjahrsputz verbracht. Gestern schien die Sonne und schon hatte ich den ersten Sonnenbrand des Jahres. Heute ist es trübe, Umstellung auf Sommerzeit und der Tag will irgendwie nicht wirklich ansprechend werden. Die Zeit plätschert so langhin. Ich werde ab diesem Jahr auch mal in der Torwache mit aushelfen. Man muss sich Beschäftigung suchen, dass einem das Leben nicht zu sinnlos erscheint. Nun steuern wir langsam auf Ostern zu. Endlich mal ein paar freie Tage mehr. Du weißt ja, dass wir mit Feierlichkeiten des Jahres so unsere Befindlichkeiten haben. Am übelsten ist aber, dass du dieses Jahr 30. Geburtstag hättest und, dass der nicht im üblichen Sinne stattfinden wird. Uns ist heute schon bang ums Herz, wenn wir daran denken. Nun ist bald Opas 80. Geburtstag ran und die Parallelen zu den Ereignissen vor 5 Jahren sind stets unser Begleiter. Es ist alles schwer in Worte zu fassen, was einem dabei durch den Kopf schießt und sicherlich auch schwer zu verstehen. Papa fängt morgen einen neuen Job an. Wir hoffen ganz inständig, dass es kein Aprilscherz wird. Ihm will irgendwie auch nichts mehr so richtig gelingen. Sicherlich liegt auch daran, dass wir mit dieser sogenannten Leistungsgesellschaft nichts mehr anfangen können. Unser Leben steht Kopf. Wir sind auf uns zurückgeworfen und wollen auch teilweise nichts verstehen. So ist es eben, wenn man sein Kind verloren hat. Vielmehr sind wir überzeugt, dass dich unser Worte und auch diese Kerze irgendwie erreichen. Irgendwann sehen wir uns wieder. Deine zurückgelassenen Eltern.
