Lieber Andreas, heute sind wir etwas früher dran, als gewohnt. Ich habe heute meinen ersten Hilfssonntag im Kaffee auf der Burg und da ist 10 Uhr Dienstbeginn. Die Woche ist wie im Flug vergangen, von der Urlaubsfrische aus Österreich ist nicht mehr viel da. Wenigstens hat sich das Wetter etwas gefangen. Die Eisheiligen sind durch. Es plätschert alles einfach so vor sich hin. Wir bemühen uns, unseren Weg zu gehen. Aber schon diese Bemühungen sind solch ein Kraftakt. In der Selbsthilfegruppe haben wir am Mittwoch wieder festgestellt, dass wir alle, egal wen wir verloren haben, das Thema Suizid wohl nie verarbeiten werden. Es ist uns bleibt unfassbar, was Menschen dazu treibt, ihr Leben einfach zu beenden. Aus welchen Gründen auch immer. Für uns, die wir vermutlich eine gesunde Seele haben, ist es nicht zu begreifen. Du fehlst uns so sehr. Natürlich bist du täglich in unsere Gesprächen, Gedanken und Gefühlen, aber du bist eben nicht mehr auf dieser Welt. Was sind den 25 Jahre. Nichts! Es ist so belastend, dass keiner es geschafft hat, dich hier zu halten und du uns auch keinem von uns eine Chance gegeben hast. Oma und Papa fahren heute nach Stobra, Steffi hat Erdbeerkuchen gebacken und braucht Unterstützung bei der Bewältigung dieser Aufgabe. Ich kann aus den o. g. Gründen leider heute nicht mit, aber ein anderes Mal wird es schon wieder klappen. Alex hatte wohl jetzt Vorprüfungen für den Realschulabschluss. Mathe scheint wirklich ein Problem zu werden. Drücke bitte die Daumen, dass es wenigstens reicht, dass sie die Prüfung besteht. Vor einigen Jahren, haben wir das alles mit dir durchlebt, wobei wir uns da nie Gedanken machen mussten. Es lief eben, ob es immer richtig war? Wir wissen es nicht. Ich denke so oft darüber nach, ob deine Entscheidung, in Dresden Lehramt zu studieren wirklich richtig war und ob ein anderer Weg zum bekannten Ergebnis geführt hätte. Aber ich komme zu keinem Ergebnis. Ich denke immer noch, dass du um Pflegeberuf gut aufgehoben gewesen wärst, was aber nicht heißt, dass wir dich heute noch hier bei uns hätten. Du siehst, das Loch, welches du uns hier hinterlassen hast lässt sich einfach nicht schließen. Und so bleibt uns nur, dir auch diese Woche ein Licht voll Sehnsucht, Liebe und Wärme zu senden und zu hoffen, dass es dir gut geht. Deine zurückgelassenen Eltern