Lieber Andreas, wie in den letzten Jahren auch, sind wir wieder im Modus, was vor fünf Jahren war. Diese Schleife ist ein Selbstläufer, den wir nicht in den Griff bekommen. Dein Grab haben wir schon abgedeckt, das macht die Sache irgendwie noch bedrückender. Ich werde zu deinem Todestag wieder davor und danach zu Hause sein. Zur Naht bringe ich da eh nichts. Am Wochenende waren wir bei Dagmar und Martin und durften ein paar unbeschwerte Stunden genießen. Mario war auch zeitweise bei uns allen. Es geht ihm den Umständen entsprechend gut. Vor allem lebt er und das ist nach seiner Geschichte fast ein Wunder. Steffi ist im Dauerspätdienst. Es ist einfach der Wahnsinn was sie leistet. Hin und wieder treffe ich auch Alex auf dem Bahnhof. Sie muss ja nun immer nach Weimar in die Schule. Es geht ihr gut und wir sind uns sicher, dass sie ihren Weg geht. Sie wird bestimmt eine tolle Kindergärtnerin. Du siehst, das Leben geht weiter. Es ist dennoch alles weiterhin unerträglich schwer und manchmal nicht auszuhalten. Vor allem ergibt es einfach keinen Sinn mehr. Gerade auch jetzt in dieser dunklen Zeit. Früher hat mir das nichts ausgemacht, aber das war eben früher. Nun ist es schon fünf Jahre her, dass du uns verlassen hast. Eine unglaublich lange Zeit. Als du fünf Jahre alt wurdest haben wir uns immer mal vorgestellt, wie du dich wohl entwickeln würdest, es war unvorstellbar für uns, dass aus den kleinen Andreas mal ein großer junger Mann werden würde. Das geht sicherlich allen Eltern so und noch unvorstellbarer war, dass wir dein Leben bloß bis zum 25. Geburtstag erleben durften. Du warst unser größtes Glück und wir waren und sind auch unsagbar stolz auf dich. Deine Entscheidung ist nach wie vor einfach nur unbegreiflich und doch wahr. Wenn wir die Zeit nur zurückdrehen könnten. Ich weiß nicht, ob wir irgendetwas anders machen würden, weil wir ja leider nicht wissen, was dich deinen Entschluss treffen ließ und so bleiben uns nur Bilder aus 25 wunderbaren Jahren und all die herrlichen Erinnerungen an dich. Aber alles eben kalt. Wir haben nur die Hoffnung, dass es dir gut gut und du frei bist und glauben, dass wir uns irgendwann wieder sehen. In diesem Glauben senden wir dir diese Kerze für deinen Weg.
Deine traurigen Eltern.