Lieber Andreas, der Oktober zeigt nun doch noch seine schönen Seiten. Die Sonne tut gut. Wir bewegen uns gerade zwischen etwas Ablenkung - Papa hatte Klassentreffen und Zwiebelmarkt - und dem stetigen Auf und Ab der Gefühle. Die Zeit rinnt uns einfach so durch die Finger. Man würde am liebsten sein ganzes Leben umkrempeln, doch der Mut dazu fehlt. Wir finden uns zwar besser zurecht, aber der Schmerz wird dadurch nicht weniger. Täglich sind wir auf dem Friedhof, wohlwissend, dass es unseren Verlust nicht rückgängig macht, aber es tut eben gut, bei dir zu sein. In unserem Umfeld spielen sich auch nur Tragödien ab. Achim geht es zusehend schlechter und wir haben kein gutes Gefühl. Er kämpft, aber aus unserer Sicht ist es ein auswegloser Kampf. Da denkt man auch schon mal über Möglichkeiten nach, was man tun würde, wenn einen der Krebs selbst erwischt. Doch wir haben auch gelernt, dass Gedanken oder Pläne für die Zukunft völlig sinnlos sind. Das Leben zeigt einem dann schon, wo der Hammer hängt. Zur Zeit lese ich wieder und komme trotzdem kein Stück weiter und wenn ich dann lese, dass Jugendliche im Teenageralter selbst gehen, dann bin ich dankbar, dass du uns ein paar Jahre mehr gegeben hast. Es macht es nicht besser, dass will ich damit nicht sagen. Es wird eben auch nicht wieder gut. Der Gedanken, dass nach einem selbst so gar nichts mehr kommt, lässt einen manchmal schon gleichgültig werden und ich denke auch, dass hier die Gefahr liegt. Aber wir wollen trotzdem weiter kämpfen um ein lebenswertes Leben. Es ist nur so unsagbar schwer. Wir hoffen, dass du im Licht bist und deinen Frieden hast. Deinen Weg wirst du gehen und wir geben dir eine weitere Kerze voller Liebe, Trauer und Schmerz mit auf den Weg. Du fehlst uns so unsagbar. Deine zurückgelassenen Eltern.
