Lieber Andreas, nun schreiben wir schon fast drei Jahre unsere Gefühle, Gedanken, Erlebnisse und unser Tagesgeschehen hier nieder. Und es nach wie vor einfach nur fürchterlich, dass wir dieses tun. Dennoch ist es nicht zu ändern und wir müssen damit klar kommen. Auch wenn deine Entscheidung für uns immer noch nicht zu akzeptieren ist, so müssen wir es dennoch respektieren, dass du diesen Weg gewählt hat. Wir haben heute in der Küche einen Ausschnitt von Peter Maffays Unplagged gesehen. Für uns einfach toll, aber dann kam ein Lied aus der Tabalugageschichte und dann musste ich raus. Die Tränen liefen, unser erstes Tabalugakonzert in Berlin war da, deine großen Augen und deine Begeisterung für dieses schöne Musikmärchen. Du siehst, die Wunden schließen sich einfach nicht. Sicherlich liegt es auch daran, dass wir kurz vor deinem dritten Todestag stehen und nur Gott weiß, wie viele dieser Tage wir noch erleben müssen. In der kommenden Woche gehe ich noch in die SHG. Papa kann leider nicht mit, der Job ruft. Wir sind unterwegs für nichts und wieder nichts. Warum machen wir uns überhaupt noch einen Kopf? Andererseits tut es auch gut Ablenkung zu haben, da zu Hause immer noch genügend Zeit verbleibt, über deine Entscheidung zu grübeln. Am 17.11. haben wir, wie die letzten drei Jahre auch, frei. Wir werden dein Grab abdecken und sehen, dass wir den Tag rum kriegen. Auch dieser Tag hat dann nur 24 Stunden. Es ist ein ewiges Auf und Ab. Mal gelingt ein Tag gut und dann wieder drei nicht so gut. So geht es aber bestimmt allen Eltern, die solch ein Ereignis trifft. Die Sehnsucht ist einfach riesig und fortdauernde Schmerz ebenso. Wir müssen einfach lernen, dass es kein zurück gibt. Es ist schwer noch vorne zu schauen, wenn man doch lieber in der Vergangenheit wäre. Es wird immer gesagt, dass alles sein Bedeutung hat, doch worin soll die Bedeutung eines Suizides liegen? Das werden wir wohl nie verstehen. Wir stehen hilflos da und müssen hinnehmen, was passiert ist. Wir vermissen dich einfach so sehr. Und so entzünden wir auch heute hier eine Kerze, hoffen, dass du im Licht bist und es dir gut geht. In Liebe umarmen dich deine zurückgelassenen Eltern.
