Lieber Andreas, eine recht anstrengende Woche liegt hinter uns. Es war so weit, dass wir Achim zu seiner letzten Ruhestätte begleiten durften. Wir hatten für diesen Tag Urlaub genommen und es war eine sehr gute Entscheidung. Nun sitzen wir mit Marion und ihrer Familie und blasen gemeinsam Trübsal, und ich muss gestehen, dass ich es immer noch nicht fassen kann, dass Achim so schnell gegangen ist. Marion leidet natürlich sehr. Die Beiden war ja auch, nach 45 Jahren des gemeinsamen Lebens, wie siamesische Zwillinge. Aber gemeinsam werden wir auch dieses Ereignis überstehen. Der Januar geht einfach nicht rum. Ich habe das Gefühl, dass er mindestens 60 Tage dauert. Mit neuen Jahren habe ich ja schon immer so meine Befindlichkeiten. Ab März fühle ich mich in der Regel besser. Woher dieser Spleen rührt kann ich leider nicht sagen. Wir dümpeln so vor uns hin, gehen fleißig unserer Arbeit nach, versorgen und bespielen die Fellnasen und sind sonst doch sehr gelähmt. Dann noch dieser Drecksfriedhof, auf dem man bald Gummistiefel braucht, um zu dir zu kommen. Es ödet uns einfach nur. Aber die Dinge sind wie sie sind, wir können nur den Grund für die Bewältigung unserer Aufgabe noch nicht erkennen. Oma hat heute mal wieder Bilder von dir in der Hand gehabt und sich eines eingerahmt. Ich war doch sehr erschrocken, dass ich nicht auf Anhieb wusste, in welcher Klassenstufe das Foto aufgenommen wurde. Unterschwellig begleitet uns die Angst, dass wir nicht alles Erinnerung haben. Seltsame Dinge spielen sich da in uns ab. Wir wollen doch am liebsten jede Minute, die wir dich haben durften, in Erinnerung behalten. Dies geht natürlich auch nicht, aber so geht es zurückgelassenen Eltern nun einmal. Trauer ist schon ein seltsamer Prozess. Um so wichtiger ist es, dass wir dir für deinen Weg in das Licht eine Kerze voller Lieber, Sehnsucht und auch Schmerz senden. Deine traurigen Eltern.